Borderline: Highway To Hell

Titelbild: https://the-artinspector.de/galerie/munch-der-schrei

Hinter dem klinischen Fachjargon rund um die Diagnose Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) verbirgt sich der Schmerz von Betroffenen, ihren Familien und ihren Freunden. Für „Borderline-Persönlichkeiten“ ist das Leben eine unbarmherzige, hoffnungslose und frustrierende Achterbahnfahrt ohne konkretes Ziel (vgl. Kreismann, Jerold J.; Strauss, Hal (2005/1989): Ich hasse dich – verlass mich nicht, Die schwarzweiße Welt der Borderline-Persönlichkeit, 16. Aufl., München:Kösel , S. 26).

„Wenn Du vor mir stehst und mich ansiehst, was weißt Du von den Schmerzen, die in mir sind und was weiß ich von den Deinen. Und wenn ich mich vor Dir niederwerfen würde und weinen und erzählen, was wüsstest Du von mir mehr als von der Hölle, wenn Dir jemand erzählt, sie ist heiß und fürchterlich. Schon darum sollten wir Menschen voreinander so ehrfürchtig, so nachdenklich, so liebend stehn wie vor dem Eingang zur Hölle.“ ~ Franz Kafka ~

Bei einer Borderline-Persönlichkeitsstörung handelt es sich um ein heterogenes Störbild, welches eine jahrelange Behandlung erforderlich macht, das therapeutische Vorgehen ist komplex. Die Behandlung stellt eine große Herausforderung aufgrund dessen dar, dass sich alle Verhaltensweisen und Symptome der Betroffenen auch innerhalb des therapeutischen Settings zeigen.

„Das Leben war nie nur Trauma, die Psychodynamik ist nie nur auf das Trauma begrenzbar, und niemand ist mit der ausschließlich traumazentrierten Sichtweise gut genug verstanden und gut genug behandelt: Psychodynamische, verhaltensrelevante und systemische Aspekte müssen immer berücksichtigt werden, und der Körper sollte auch nicht nur in der Phantasie vorkommen.“ (Sacchsse, Ulrich (2009/2004): Traumazentrierte Psychotherapie: Theorie, Klinik und Praxis, 2. Nachdruck, Stuttgart:Schattauer, S. 115)

Die innere Welt von Betroffenen einer Borderlinestörung ist angereichert mit aggressiven und destruktiven Fantasien. Betroffene setzen alle verfügbaren Abwehrmechanismen, v. a. die Spaltung, zur Bewältigung von vermeintlichen Angriffen ein. Gelingt dies nicht, so kommt es zur Dekompensation.

Die schwarz-weiße Welt der J. B. – Interview mit einer Betroffenen

„Die chronischen Krankheiten der Seele entstehen wie die des Leibes, sehr selten nur durch einmalige grobe Vergehungen gegen die Vernunft von Leib und Seele, sondern gewöhnlich durch zahllose unbemerkte kleine Nachlässigkeiten.“ ~ Friedrich Nietzsche ~

Schöne Erinnerungen an unbeschwerte Kindheitstage: An den Spielplatz mit der Lieblingsrutsche, die ersten Schaukelversuche oder das Ballspiel mit Freunden.
Doch es sind nicht immer nur die guten Erinnerungen, die bleiben …

Wie man mit der Diagnose Borderline umgeht, erzählte eine meiner langjährigen Patientinnen vor laufender Kamera (im ORF ausgestrahlt) im Beisein von Univ. Prof. Dr. Karl Dantendorfer, FA für Psychiatrie und Neurologie, wie folgt:

Pat.in: „Also, es ist zum körperlichen, psychischen und sexuellen Missbrauch gekommen. Über mehrere Jahre. Das hat mich halt sehr geprägt!“

Und zwar so sehr geprägt, dass die Patientin heute noch Schwierigkeiten damit hat, ihre Gefühle für sich selbst und anderen gegenüber so zu stabilisieren, dass sie ein festes Selbstbild ergeben. Die Frau erlebt sich als unwirklich und fremd, es beherrscht sie ein extremes Schwarz-Weiß-Denken. Euphorische Stimmung kann im nächsten Moment ins Traurige kippen.

Pat.in: „Es hat dann immer geheißen: »Reiß dich zusammen! Das schaffst du schon! Mach mehr, tu mehr…«, aber man kann dann eben in dieser Krankheitsphase, in diesem Tief, kann man einfach nicht anders.“

In die Ecke gedrängt und allein gelassen, so fühlt sich die Patientin. Gefolgt von extremen Spannungszuständen. Um diese Gefühle zu bewältigen, verletzt sie sich selbst mit Rasierklingen an den Armen und im Genitalbereich, um die innere Spannung durch Gewalt gegen sich selbst abzuführen.

Pat.in: „Manche verstehen das überhaupt nicht. Die können sich das nicht vorstellen, dass Spannungen so hoch werden, dass man sich selbst verletzt und ich rede dann auch nicht darüber. Es ist ein Tabuthema, noch immer, und man will dann auch die Freunde und die Familie nicht so belasten mit Einzelheiten. Man ist sehr verzweifelt. Weil man eigentlich glaubt, nach einer Phase, dass es vorbei ist, dass es gut ist. Man lebt zwischen den Phasen ganz gut und wenn man dann wieder in so eine Phase hinein kippt, ist die Verzweiflung schon sehr groß!“

Gerade in solchen Phasen ist es besonders wichtig, dass Borderline-Betroffene therapeutische Hilfe bekommen. Durch verschiedene Therapieansätze können Patient/inn/en lernen, mit Krisen umzugehen und im Alltag sowie mit ihren Mitmenschen wieder besser zurechtzukommen. Die Angst vor einem Rückfall ist jedoch immanent:

Pat.in: „Dass es wieder zu Selbstverletzungen kommt, und zu Depressionen kommt, und dass einfach wieder so eine Phase kommt, in der ich alles nur schwarz seh und wo die Verzweiflung einfach überhand nimmt und ich kein Licht seh!“

Was ist eine Persönlichkeitsstörung?

Bei „Persönlichkeitsstörungen“ handelt es sich um sehr früh im Leben der Betroffenen entstandene Verhaltensmuster bzw. Zustandsbilder, welche sich im weiteren Leben zu charakteristischen Persönlichkeitsstörungen herausgebildet haben (vgl. Paulitsch, Klaus; Karwautz, Andreas (2008): Grundlagen der Psychiatrie, Wien:Facultas, S. 222).

Zur Beschreibung von psychischen Phänomenen wird nicht der Begriff „Krankheit“ verwendet, sondern der Begriff „Störung“, der sich vom Krankheitsbegriff differenziert: „Störung“ zeigt einen erkennbaren Komplex von Symptomen und/oder Verhaltensauffälligkeiten an, der neben der individuellen Belastung auch zu einer Beeinträchtigung der psychosozialen Funktionen führt (vgl. ebd., S. 77 f.).

Die Grenze zwischen Normalität und Störung verläuft fließend, eine strenge Abgrenzung zwischen „normal“ und „gestört“ oder „gesund“ und „krank“ ist nicht möglich, da sich eine solche Vorstellung von Gesundheit und Krankheit nicht mit der Wirklichkeit deckt. In einer Definition, die aus einem Schweizer Forschungsprojekt stammt, heißt es: „Gesundheit ist nicht ein Leben ohne psychische Probleme und Krankheiten, sondern vielmehr, dass Menschen damit möglichst gut umgehen und leben können.“ (Knuf, Andreas (2016): Gesundung bei Borderline. In: Kontakt (39 Jhg./2), S. 13)

Diagnose Borderline-Persönlichkeitsstörung

Man stelle sich vor, dass man in einem Lehnstuhl sitzt, die Beine hochgelagert auf dem Tisch hat und an eine Blumenwiese denkt – an die herrliche Landschaft, die unterschiedlichen Düfte und Farben, an lachende Freunde, mit denen man sich angeregt unterhält, die Wärme auf der Haut und die Zufriedenheit, die entsteht, die den hektischen Alltag ruhig werden lässt.

Und nun stelle man sich vor, der Gedanke an eine Blumenwiese würde einen Zustand auslösen, der die innere Bedürfniswelt stark anregt, aber gleichzeitig weiß man, dass man nie mit Freunden auf dieser Blumenwiese sitzen wird. Man kann die Düfte nicht riechen und die Farben nicht sehen. Man ist vor Verzweiflung hin und her gerissen, empfindet weder Freude noch Trauer, keine Wut, gar kein Gefühl. Man hat keine Perspektiven.

Es wäre gut, würde der Gedanke aufhören, aber er tut es nicht. Man sucht vertraute Menschen und deren Nähe, aber ist man ihnen zu nahe gekommen, so hält man die Nähe nicht aus. Man sucht wunde Punkte und verletzt den anderen, was dazu führt, dass sich das Gegenüber abwendet. Die Bedürfnisse steigen weiter, erfahren keine Stillung.
Da sitzt man nun. In der Hand eine Glasscherbe. Das Blut tropft zu Boden, die Unterarme sind zerschnitten. Plötzlich spürt man Angst. Plötzlich spürt man sich wieder – bis sich der Gedanke wiederholt … (vgl. Schopf, Gudrun (2004): Borderline – was tun? Eine Hilfestellung für Pflegende. Marktoberdorf:Schnitzer, o. S.).

„Kann man sich gleichzeitig lieben und hassen? Kann man jemand brauchen und ihn deswegen verlassen? Kann man immer wieder lügen, um die Wahrheit zu sagen?“ ~ eine betroffene Patientin ~

Historie der Borderline-Störungen

Bei der Borderline-Störung handelt es sich nicht um Modeerscheinung der heutigen Zeit. Das Störbild fand bereits 1884 erstmals Erwähnung und ist damit älter als der Schizophrenie-Begriff, allerdings hat es hundert Jahre gedauert, ehe Otto Kernberg dem Bereich mit seinen Arbeiten die nötige Aufmerksamkeit widmete.

Es entstanden zwei unterschiedliche Strömungen: eine, die die Borderline-Störung den „Psychopathien“ zuordnete und eine, die sie zu den Hysterien zählte. Beim Studium der damaligen Fachliteratur wird klar, dass Borderline-Störungen zwar zu jenem Zeitpunkt bereits exakt beschrieben, jedoch anders bezeichnet wurden als heute (vgl. Dulz, Birger; Schneider, Angela (1999): Borderline-Störungen, Theorie und Therapie, 2. Aufl., Stuttgart: F. K. Schattauer, S. 3 f.).

Epidemiologie und Verlauf

Es ist traurige Realität, dass der Anteil an Borderline-Patientinnen und -Patienten stetig steigt. Die Prävalenz liegt bei ca. 2 bis 3 %, wobei der Anteil von Frauen deutlich höher ist (das Verhältnis Männer : Frauen beträgt in etwa 44 : 56). Ca. 15 % aller stationär behandelten psychiatrischen Patientinnen und Patienten leiden unter einer Borderlinestörung. Unter den Persönlichkeitsstörungen ist der Anteil der Borderlinestörungen beträchtlich.

Die Borderlinestörung hat keine Grenznähe zur Schizophrenie, sondern ist als Persönlichkeitsstörung mit Problemen im affektiven Bereich, bei der Impulskontrolle und im Wahrnehmen des Selbstbildes aufzufassen (vgl. Paulitsch, Karwautz, 2008, S. 233). Im Vergleich zur Schizophrenie sehen mehrere Autoren einen eindeutig günstigeren Verlauf. Nach intensiver stationärer Therapie mit einer Durchschnittsdauer von 12,5 Monaten kommt es bei 42 % der Patientinnen und Patienten zur Wiedererlangung von Gesundheit („recovered“) und bei 30,2 % ist ein guter Verlauf zu beobachten (vgl. Dulz; Schneider, 1999, S. 7 ff.).

Die Suizidrate ist mit ca. 10 % als sehr hoch anzusehen. Als stärkster Vorhersagefaktor für einen Suizid gilt die Existenz von Suizidversuchen in der Vergangenheit. Bemerkenswert ist, dass diese häufig zum Zeitpunkt des Versuches als manipulativ und nicht ernsthaft eingeschätzt worden waren, d. h. die Ernsthaftigkeit der Suizidalität wird häufig unterschätzt. Zwischen der Borderline-Persönlichkeitsstörung und einem depressivem Zustand bestehen signifikante Zusammenhänge (vgl. ebd., S. 7 ff.).

Ätiologie

Ätiologisch tragen unterschiedliche, interindividuell stark variierende Faktoren zur Entstehung bei (vgl. Wunn, Eva (2006): Basics Psychiatrie, München:Elsevier Urban & Fischer, S. 47). Wie bei vielen anderen psychischen Störungen spielen sowohl neurobiologisch-genetische als auch psychosoziale Faktoren eine Rolle. Die Ergebnisse von Zwillingsstudien liefern starke Hinweise darauf, dass die Genetik einen Beitrag zur Entstehung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leistet: Studienergebnisse zeigen bei eineiigen Zwillingen einen 35,5%igen Grad der Übereinstimmung, während es bei zweieiigen Zwillingen nur noch 6,7 % sind (vgl. Gerring, Richard; Zimbardo, Philip G. (2008): Psychologie, 18. Aufl., München: Pearson Studium, S. 57).

Geburtstraumata sowie Reifungs- und Entwicklungsstörungen kommen als Ursache für die Entstehung von psychischen Erkrankungen ebenso in Betracht. In Bezug auf die Entwicklung von Kindern wird auf folgende Aspekte geblickt: die vorgeburtliche Zeit (Wunschkind? Zufallskind? abgelehntes Kind? etc.), die Geburt selbst (unkompliziert? zu spät/zu früh geboren? etc.), die Zeit der ersten Lebenswochen bis hin zu Vorschulzeit. Hier wird insbesondere das Bindungsverhalten, die Entwicklung der Motorik, das Schlaf- und Spielverhalten, die Entwicklung der Sprache und der Sauberkeit sowie das Trink- und Essverhaltung und das Wachstum beachtet. Psychosoziale Faktoren wie Familienbeziehung, Schule, Lebensereignisse tragen in unterschiedlicher Gewichtung einer Entstehung bzw. Aufrechterhaltung von psychischen Störungen bei (vgl. Paulitsch; Karwautz, ebd., S. 301 f.).

Diskutiert wird ebenso eine Störung im Serotonin-Stoffwechsel, welche eventuell im Zusammenhang mit dem Umgang mit Aggressionen steht. Von Interesse sind für die Stressregulation das Cortisol und die Hyperaktivität der Hypophysen- und Hypothalamusachse. Hier wird bereits das Zusammenspiel der Anlage- mit den Umgebungsfaktoren ersichtlich, denn die Stressregulation wird durch frühe Erfahrungen, die die Person macht, angelegt (vgl. Schreyer, Daniela (2016): Borderline-Störung. Entstehung, Diagnostik, Behandlung. In: Kontakt (39 Jhg./2), S. 8).

Mangelnde Explorationsbedingungen sowie frühkindliche Traumatisierungen durch fehlende oder ausschließlich negative Lebenserfahrungen, wie sexuelle Missbrauchserfahrungen und/oder das Erleben von Gewalt und/oder Vernachlässigung, liegen beispielsweise als psychosoziale Ursachen der Entstehung von Persönlichkeitsstörungen, vor allem der Borderlinestörung, zugrunde (vgl. Sauter, Dorothea et al. (2006): Lehrbuch Psychiatrische Pflege, 2. Aufl., Bern: Hans Huber, S. 104).

Zwischen 40 und 71 % aller Borderline-Betroffenen geben sexuellen Missbrauch, 25 bis 73 % körperliche Misshandlungen und bis zu 90 % Vernachlässigung in der Kindheit an. Die Überschneidung von Borderline-Persönlichkeitsstörungen mit Posttraumatischen Belastungsstörungen ist mit 50 % hoch. Frühkindliche Traumatisierungen führen zur Interaktion von biologischen mit psychosozialen Faktoren, die folgende drei Hauptproblembereiche der Borderline-Persönlichkeitsstörung zur Folge haben: affektive Fehlsteuerung, Verhaltensfehlsteuerung, Beziehungsstörungen (vgl. Schreyer, 2016, S. 8).

Dennoch erkrankt nicht jede Frau, die im Laufe der Kindheit Missbrauchserfahrungen gemacht hat, an einer psychischen Störung im eigentlichen Sinne. Hieraus ergibt sich die Frage, worin der offenbar existierende Protektivfaktor besteht. Möglicherweise das Verhalten des anderen Elternteils? Oder das Alter der Missbrauchserfahrung? Konkrete Antworten auf diese Fragen finden sich auch in fundamentaler Borderline-Literatur nicht (vgl. Dulz; Schneider, 1999, S. 47).

Symptomatik

An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass Borderline-Betroffene keine „Aliens“ sind, sondern Menschen, die schwerwiegende Belastungen zu bewältigen haben. Was in der klassischen Psychiatrie als „Symptomatik“ bzw. „Symptome“ bezeichnet wird, sind tatsächlich Bewältigungsstrategien, die das Überleben der Betroffenen gesichert haben. Menschen, die an einer Borderlinestörung leiden, sind Menschen, die einiges erlebt und durchlebt haben. Sie hatten in ihrer Kindheit und Jugend schwere Belastungen zu bewältigen. Die Symptome als Reaktionen auf schwierige Erfahrungen in der Kindheit sind nicht „verrückt“, sondern machen durchwegs Sinn. Borderline ist als ein Teil der Person zu verstehen, aber eben nur als ein Teil (vgl. Knuf, 2016, S. 16 ff.).

„Aus der Idee des Konstruktivismus ergeben sich zwei Konsequenzen. Erstens die Toleranz für die Wirklichkeiten anderer – denn dann haben die Wirklichkeiten anderer genauso viel Berechtigung als meine eigene. Zweitens ein Gefühl der absoluten Verantwortlichkeit. Denn wenn ich glaube, dass ich meine eigene Wirklichkeit herstelle, bin ich für diese Wirklichkeit verantwortlich, kann ich sie nicht jemandem anderen in die Schuhe schieben.“ ~ Heinz von Förster ~

Klinik der BPS nach DSM-5

Um die Diagnose Borderline-Persönlichkeitsstörung stellen zu können, müssen mindestens fünf der folgenden neun, im DSM-V angeführten, Kriterien erfüllt sein:

  1. Verzweifeltes Bemühen, reales oder imaginäres Verlassenwerden oder Alleinsein zu verhindern (beachte: hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden Handlungen berücksichtigt),
  2. ein Muster instabiler und intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, welches durch einen Wechsel zwischen den Extremen Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist,
  3. Identitätsstörungen (ausgeprägte Instabilität des Selbstbildes oder des Gefühls für sich selbst),
  4. Impulsivität in mind. zwei Bereichen, wie Sexualität (z. B. Promiskuität), Substanzmissbrauch (z. B. Medikamentenabusus), rücksichtsloses Fahren, Spielsucht, „Fressanfälle“ (beachte: hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden Handlungen berücksichtigt),
  5. wiederkehrende Suiziddrohungen, -andeutungen oder -versuche oder selbstverletzendes Verhalten (wie z. B. Ritzen oder Schneiden),
  6. affektive Instabilität, geprägt durch ausgeprägte Orientierung an aktueller Stimmung (z. B. episodische Reizbarkeit, Spannungen oder Angst),
  7. chronisches Gefühl der Leere,
  8. unangemessene, starke Wut oder das Unvermögen, Wut oder Ärger zu kontrollieren (z. B. wiederholte Wutausbrüche/Prügeleien),
  9. vorübergehende, stressabhängige paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome (vgl. Rahn, Ewald (2015): Umgang mit Borderline-Patienten, 15. Aufl., Bonn:Psychiatrie Verlag, S. 45).

Prognose

„Wer in den Spiegel des Wassers blickt, sieht allerdings zunächst sein eigenes Bild. Wer zu sich selber geht, riskiert die Begegnung mit sich selbst. Der Spiegel schmeichelt nicht, er zeigt getreu, was in ihn hineinschaut, nämlich jenes Gesicht, das wir der Welt nie zeigen, weil wir es durch die Persona, die Maske des Schauspielers, verhüllen. Der Spiegel aber liegt hinter der Maske und zeigt das wahre Gesicht. Dies ist die erste Mutprobe auf dem inneren Wege, eine Probe, die genügt, um die meisten abzuschrecken, denn die Begegnung mit sich selber gehört zu den unangenehmeren Dingen, denen man entgeht, solange man alles Negative auf die Umgebung projizieren kann.“ ~ C. G. Jung ~

Bis vor nicht allzu langer Zeit wurde die Diagnose Borderline mit Unheilbarkeit assoziiert, prospektive Langzeitstudien von 10 bis 12 Jahren zeigen jedoch eine Remissionsrate in Höhe von 88 % nach 10 Jahren psychiatrischer Behandlung und Psychotherapie. Während sich die nach außen hin auffälligen Symptome wie Affektstürme, selbstverletzendes und/oder suizidales Verhalten verringern, zeigen die Patientinnen und Patienten allerdings weiterhin starke psychosoziale Funktionseinbußen. Auch an der Unfähigkeit alleine sein zu können, leiden viele Patientinnen und Patienten auch nach 12 Jahren noch (vgl. Schreyer, 2016, S. 8).

Das erlittene Leid ist allerdings nicht wegzumachen. Es ist nur mitfühlend gemeinsam auszuhalten. Und das ist heilsam. Borderliner brauchen Menschen, die an sie glauben: an ihre Fähigkeiten, an ihre Individualität. Auch das ist heilsam (vgl. Pokorny, Hermine (2016): Angehörige von Menschen mit einer Borderline-Störung. In: Kontakt (39 Jhg./2), S. 21).

„Wenn eigener Schmerz in der Kindheit immer wieder verleugnet werden musste, dann wird dieser Schmerz später anderen zugefügt. Man verhöhnt den Schmerz, den man anderen zufügt, aber am tiefsten verhöhnt man den Schmerz, den man selbst erlebte und nicht fühlen durfte.“ ~ Arno Gruen ~

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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geb. 1972, MSc Gesundheits- und Pflegepädagogin, Beziehungs- und Resonanzpädagogin, DGKS, DLSB Logotherapie und Existenzanalyse nach Frankl, Dipl. Heilmasseurin ...
Und vor Allem bin ich Mensch und denke aus ganzheitlicher Sicht!

One Comment

  1. Hallo Katharina,
    ich freue mich, dich als Mitautorin gewinnen zu können.
    Ein informativer und berührender Beitrag, dem hoffentlich noch viele folgen werden!

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